Bei der Gartenarbeit entdeckt. Keramikfunde aus der Moorbachstraße stellen sich als ältester Hinweis auf die Besiedlung des Wersauer Ortsgebiets heraus.
Während vieler Jahre leidenschaftlicher Gartenarbeit rund um ihr Haus in der Wersauer Moorbachstraße 11, stieß Elfriede Klinger immer wieder auf Keramikscherben und Artefakte, die ihrer Einschätzung nach sehr alt sein mussten. Diese Stücke wurden nicht einfach entsorgt, sondern vorsichtig gesäubert und in einer kleinen Sammlung verwahrt.
Im vergangenen Jahr führte der Heimat- und Geschichtsverein Wersau erstmals an verschiedenen Stellen der Gemeinde Feldbegehungen und Bodenuntersuchungen durch. Die hierbei gesicherten Funde wurden Anfang dieses Jahres durch den für Südhessen zuständigen Bezirksarchäologen vom Landesamt für Denkmalschutz, Herrn Thomas Becker, begutachtet.
Dabei wurden dem Experten auch die Gartenfunde aus der Moorbachstraße vorgelegt und seine Einschätzung sollte die Vermutung von Frau Klinger bestätigen:
Eine kleine dorfgeschichtliche Sensation ergab die Begutachtung eines sogenannten „Spinnwirtels“, der zusammen mit zwei weiteren Gefäßscherben in die vorrömische Eisenzeit datiert wurde.
Der Heimat- und Geschichtsverein recherchierte daraufhin weiter und so konnte das vermutete Alter bestätigt und sogar weiter eingegrenzt werden.
Die Leiterin des Dieburger Kreismuseums im Schloss Fechenbach, Frau Porzenheim, untersuchte die Ton- Gegenstände ebenfalls. Die studierte Archäologin kam aufgrund der Zusammensetzung des Materials, der erkennbaren Fertigungs- und Brenntechnik sowie der Form der Keramikfragmente zu ihrem Urteil: Mit hoher Wahrscheinlichkeit stammen Spinnwirtel und die Keramikscherben aus der späten Eisenzeit, der Zeit der sogenannten Laténe- Kultur, als weite Teile Europas von keltischen Stämmen besiedelt wurden - und wären somit zwischen ca. 2000 bis 2500 Jahre alt.
Kann man diese Funde jetzt als ältesten Besiedlungshinweis Wersaus bezeichnen?
Der Fund: Ein Spinnwirtel diente als Schwungmasse einer Handspindel. Mit deren Hilfe konnten Pflanzenfasern oder Tierwolle zu Fäden gesponnen und schließlich beispielsweise zu Kleidungsstücken weiterverarbeitet werden. Es handelt sich also um ein Werkzeug aus dem Bereich des häuslichen
Gebrauchs. Wirtel werden deshalb von Archäologen vor allem in Siedlungsbereichen aber auch als Grabbeigaben gefunden.
Der Fundort: Die „Mordisch“, wie die Moorbachstraße von den Werschern auch genannt wird, gilt neben dem Pfarrberg ohnehin als einer der ältesten Bereiche Wersaus. Aufgrund der hier vorzufindenden Geologie bieten sich nahezu optimale Bedingungen für eine sehr frühe Besiedlung: Südhang mit fruchtbarem Löss- Boden. Direkt am Bachlauf des namensgebenden Moorbachs, in geschützter und schwer einsehbarer Tallage. Das sich von hier öffnende und ebenfalls geschützte Tal des Sommergrunds mit seinen Weideflächen. Vorzüge die der sesshaft gewordene Mensch auf der Suche nach einem geeigneten Siedlungsplatz vermutlich schon früh erkannt haben dürfte.
Diese Umstände lassen es aus archäologischer Sicht klar zu, die Keramikfunde von Elfriede Klinger als bisher ältesten Hinweis auf eine Besiedlung Wersaus anzusprechen.
Die Tongegenstände werden zur geplanten Neueröffnung des Wersauer Dorfmuseums erstmals ausgestellt. Dazu bald mehr….
Wir Hobby- Heimatforscher freuen uns sehr darüber, dass wir das Fenster zur Wersauer Vergangenheit ein gutes Stück weiter – bis in die vorgeschichtliche Zeit - öffnen konnten.
Und wer weiß, was der Boden unter unseren Füßen noch alles an Geheimnissen verbirgt.
Also, liebe Werscher, Augen auf bei der Gartenarbeit!
Für den Heimat- und Geschichtsverein Wersau,
mit herzlichem Dank an die Landesarchäologie Hessen und das Museum Fechenbacher Schloss in Dieburg,
Marco Tischler und Andrea Klinger